Lechhausen den 14.3.15
[Pfarrer Binder: Braml Simon]
Sehr geehrter Herr Gstl. Rat!
Bitte um Verzeihung. daß ich so lange
nichts hören ließ. Ich wartete deswegen
so lange um zu sehen wie es hier eigent-
lich zugeht. Nun bin ich länger als 14 Tage
im blauen Rock und hab schon zimlich
viel durchgemacht.
Ich will vom ersten Tag beginnen und
Ihnen Herr Geistl. Rat ein Bild meines
Lebens und Treibens zu entwerfen suchen.
Am 25. Februar wurden wir in Rosenheim
auf einer Wiese nach Jahrgängen geordnet
und dann mit der Bahn nach den verschiedenen
Orten transportiert. Mich traf das Los
nach Lager Lechfeld. Hatte keinen ein-
zigen Bekannten in meiner Abteilung.
Von Rosenheim ging die Fahrt über München,
wo wir einen 1/2 stündigen Aufenthalt hatten,
nach Lager Lechfeld. Auf der ganzen Fahrt
erhielten wir nichts zu Essen und nichts zu
trinken. Hungrig und mit größtem Durst
langten wir abends etwa 1/2 7Uhr in
Lechfeld an und wurden nach den verschiedenen
Baracken gebracht. Drauf erhielten wir die
Erlaubnis für unser Geld in der Kantine
Bier und Essen zu kaufen. Um 1/2 9 Uhr
mußten aber alle in der Baracke zurück sein.
Am nächsten Morgen wurden wir durch
den Arzt untersucht und hernach eingekleidet.
Ich erhielt eine ziemlich gute Uniform
welche mir auch paßt. Die übrige
Zeit des Tages schlugen wir mit Rauchen
Trinken und einander ansehen tot.
Einer sah den andern natürlich mit ganz
anderen Augen an. Lauter fremde Gesichter.
Am 28. hieß es zur Bahn. Am Morgen als
wir Kaffe holten sahen wir mehrere große Transporte
gefangener Franzosen welche das Lager gleich
uns verlassen mußten, um Russen, es hieß
12000 sollten ankommen, Platz zu machen
und der Ansteckung durch dieselben zu entgehen.
Wir wußten immer noch nicht wohin es geht
man sprach von Augsburg, auch von Ulm.
In Augsburg wurden wir dann aus-
geladen und waren nach 1 stündigem Marsch
in unserem jetzigen Quartier angekommen.
Lechhausen, wo ich mich jetzt befinde ist eine
Vorstadt Augsburgs und vor etwa einem Jahr
einverleibt. Es heißt jetzt täglich fest
exerzieren und üben, daß mir hie und
da die Beine ziemlich weh tun. Dazu das
ungemein schlechte Wetter. Besonders jetzt
wo es täglich heißt: hinlegen, auf, hinlegen
und wieder auf. Wir müßen die ganze
Ausbildung, wozu man sonst Monate braucht
in eben so viele Wochen erlernen und da
heißt es fertig werden und täglich neues
lernen. Wir werden am Samstag wieder
von hier wegkommen und Feldkompagnien
zugeteilt werden. Wohin es geht wissen wir
nicht es heißt wieder Augsburg und Ulm.
Ich glaube, daß unsere Ausbildung in längsten
5 Wochen beendet sein wird und dann wirds
ins Feld gehen. Anleitungen hierüber
haben wir ja öfters von unseren Haupt-
leuten erhalten. In dieser Woche trifft Schuß-
und Zielunterricht und Felddienst. Einen
Schießplatz haben wir hier nicht, und deswegen
müßen wir auch fort. Aber Vorunterricht
haben wir hier erhalten und das Übrige
müßen wir auf dem Schießstand erlernen.
Hiermit habe ich Ihnen, Herr Gstl. Rat einen kurzen
Umriß meines Tuns und Treibens gemacht.
Bitte Sie aber zugleich meine schlechte Schrift zu
verzeihen, es mußte eben in Eile getan, weil gerade
zum Appell angetreten wird. Wie geht es bei Ihnen?
Hoffentlich sind Sie gesund und geht es in der Wirtschaft
gut. Viele herzliche Grüße erlaubt sich zu senden
Hochachtungsvollst Ihr ergebener
Simon Braml
Grüße auch an die beiden hochw.
Herren und das ganze Personal
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