Frankreich den 1. Feb. 1916
Werther Herr Hochwürden!
[Pfarrer Binder: Gefreiter Frz. Trattler, 1. Bayr. Res. Fuß- Artill. Rgmt
1. Baon - 3. Batterie
2. Armeekorps]
Seit einigen Tagen im Besitze ihrer
Liebesgabe, sende ich Ihnen meinen
wärmsten Dank für dieses Geschenk
entgegen.
Da ich heute gerade Gelegenheit habe
muß ich Ihnen einige Erlebnisse aus
der gegenwärtigen Offensive schildern.
Wir befinden uns gegenwärtig an der
Somme und haben hier ziemlich heiße Tage zu
erleben. Wer hätte erst zu Anfang des
Krieges geahnt daß wir im Sand 1916
noch so schwere Schlachten zu erleben hätten
Wir hatten 1915 die Mai-Offensive und
auch die September-Offensive bei Arras
mitgemacht, aber mit zurück stehen
mußten beide in vernichtende Wirkung
in Vergleich zu der jetzigen Offensive.
Besonders vernichtend für Artillerie
waren die ersten Wochen zu Beginn der
Offensive
der Grund hierfür waren die großen Massen
der auf beiden Seiten aufgestellten
Batterien, und die größtenteils offenen
Stellungen infolge zurücknehmens
der Front. So mußten in den ersten
Wochen des Angriffes viele Batterien
leichten und schweren Kalibers ohne jede
Deckung auf offenen Gärten, Felder
oder zusammen geschossenen Häusern
aufgestellt werden und schossen dann
so lange bis sie das Auge des Feindes
erspäht und Sie einem vernichtenden
Feuer preisgegeben wurden. Eine
Gruppe mit 16 Geschützen 15cm Kaliber
wurde dort unter Feuer genommen,
daß nach kurzer Zeit nur noch 3
Geschütze von den 16 Geschützen mit
4 Batterien nur noch Gefechtsbereit
waren, alle anderen wurden durch das
feindliche Feuer gestört und lagen
in den weiter rückwärts liegenden
Reparatur Werkstätten, daß war die
erste Gruppe von unserem Bataillon
und nicht viel besser ging es unserer
Gruppe, Sie traf auch das Schicksal
daß Sie eines Tages nur noch 3 Geschütze
von 3 Batterien mit 12 Geschützen
in Stellung hatte. Unsere erste Batterie
hatte einige Tage nur noch ein Geschütz
in Stellung die anderen waren durch
das feindliche Feuer leicht oder schwer
in Brüche geschossen, unsere 4 Batterien
waren infolge eines früheren Ausfalles
eines Geschützes, 5 Geschütze zugeteilt,
aber auch Sie ereilte das Los und hatte
von den 5 Geschützen einige Tage kein
einziges mehr in Stellung. Nicht minder
schwer hatte auch natürlich die Munition
darunter zu leiden, Munitions Brände
und Detonationen waren täglich
fünfzig zu sehen. So wurde unsere
Batterie als Sie vom Feinde entdeckt
wurde derart unter Feuer genommen,
daß in zwei Stunden nicht weniger
als 6-7 Munitions Brände ent-
standen, glücklicher Weise hatten
wir nur einen Toten und zwei leicht
Verwundete, die Geschütze waren natürlich
alle schwer oder leichter zerschossen. In
den vergangenen Tagen war es wieder
etwas ruhiger, aber seit gestern ertönt wieder
der eiserne Schall der Geschütze Tag und
Nacht fest ohne Unterbrechung. Ich hätte
Ihnen noch vieles zu erzählen jedoch
die Zeit erlaubt es nicht länger.
Vielmals Dank und sende ich Ihnen
und allen Bekannten
meine herzlichen Grüße
Ihr ergebener
Franz Trattler
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