[Pfarrer Binder: Neuhauser Jos.]
Feindesland, den 30. Nov. 1914
Werther Herr Lehrer!
Möcht dir einiges mitteilen über unsere
Lage in Nordfrankreich. Jetzt hat der
Winter bereits begonnen es ist sehr kalt
wir hatten vor 8 Tagen schon Schnee u.
grimmige Kälte u. gerade dieser Zeit waren
wir volle 8 Tage in Stellung in der Nähe
von Charly-sur-Marne wo lauter Kalkboden ist
da wurden wir ganz weiß als wenn
wir aus der Kalkgrube wären. Am
28. Nachts wurden wir abgelöst o Bruch, hats
gleich das regnen angefangen u. hatten
2 Stunden Marsch ins Quartier aber
leider in 1 Stadel wo der Wind aus
u. ein weht u. wenig Stroh u. durch
u. durch naß dazu weil wir nicht
erschossen wurden müßen wir erfrieren.
Wir hatten seit 2. Oktober kein Gefecht
mehr wir müßen bloß den Feind
zurück halten darum sind wir immer
in Schützengräben in der Nähe von
der Stadt Peronne. Wie ich aus dem
Brief den mir Baderhuber von der
Feiertagsschule aus gelesen habe daß
172 von der Pfarrei Otting im Feld
stehen u. von daheim hab ich erfahren
daß von Otting Liebesgaben abgeschickt
werden möchte ich die Leute ersuchen
die Sachen an ihre Krieger von der Pfarrei
zu schicken, denn von Otting das weis
ich bestimmt kommt nur gute Ware, denn
wenns im großen geschickt wird kommts
zuerst in bessere Hände nur das bessere
ausgesucht u. was die Herren nicht brauchen
wird an die Mannschaft verteilt.
Im Herbst kamen die Liebesgaben
in Hülle u. Fülle u. jetzt daß kalt
is habens sehr nach gelassen und es
sind viele Kameraden die es sehr nötig
hätten da wär es lustig wenn wir
Ihnen was geben könnten.
Ich sch[l]üße nun mein schreiben
unter vielen Grüßen an die Bürger
u. besonders an dich
von
Neuhauser Josef
Aber die Liebesgaben werden
vielleicht schon abgeschickt sein.
u. mein Brief zu spät ankommen
dann möcht ich blos eine kurze
Nachricht.
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