Warneton d. 25.12.1914
Sehr geehrter Herr Geistl. Rat!
Wurde am 23. d. M. von dem
von Ihnen geschickten Paket über-
rascht, wofür ich meinen herzl.
Dank ausspreche., u. ich hätte nichts
anderes gewunschen so genau haben
Sie meinen Kriegermagen ge-
kannt. Wir hatten am 23.12. abends
5 Uhr schon unsere Christmette
in der großen Kirche in Warneton,
welche bis zur Hälfte des Schiffes
jetzt geräumt, die andere Hälfte
wird noch zum Einstellen der
Pferde benutzt, da hatten wir
ein kl. Christbäumchen u. unser
H. Feld Geistlicher hielt uns eine
sehr schöne Ansprache, dass wir die
Christnacht auch an unsere Lieben
zu Hause gedenken sollen, aber
nicht zu lange mit den Gedan-
ken verweilen um nicht
dem Heimweh Platz zu machen,
hernach wurde gemeinsam
"Stille Nacht Heilige Nacht" ge-
sungen aber ziemlich schön.
Am 24. d. M. abends hatten
wir von der Komp. unsere Be-
scherung fiel auch gut aus
u. wir waren überaus glücklich,
u. ich muss es sagen
ein Krieger ist mir schon öfters
wie ein Kind vorgekommen.
bald Leid u. bald Freud, was
in einer Viertelstunde wech-
seln kann. Heute das hoch.hl.
Weihnachtsfest gegenwärtig
1/2 11 Uhr war soeben in der
kl. Kirche wo unser Festgot-
tesdienst was schönes Predigt
an die Hirten von Betlehem
recht schön erinnert u. hl. Messe
mit gemeinsamen Gesang
nach d. hl. Wandlung Stille Nacht
Dann Maria zu lieben u. zum
Schluß Jesus, da hab ich natür-
lich hatt ich bei diesen Gesän-
gen meine Stimmbänder nicht
arg angestrengt um nichts
schlechter zu machen, es wird
auch gegolten haben also
bis jetzt haben wir sehr schöne
Kriegsweihnachten, heute
nachmittags werde ich sicher-
lich auf Wache kommen, ist
auch nicht so schlimm, von der
Kriegslage kann ich nur sagen
dass es jetzt langsam, aber sicher
geht, alles verschanzt, u. man
die vielen eroberten
Schützengräben sieht wird man
sehen was unsere Truppen ge-
leistet haben. Der Dienst ist
jetzt für alle Truppen bedeu-
tend leichter, diese Woche hatten
wir in Warneton von 2 schwer-
en Granaten 28cm 7 Tote u. 9
Verwundete u. gleich neben dem
Hauptverbandsplatz, aber jetzt ist
es wieder ruhig. Hoffen wir das
Beste u. sollte es schief gehen so bitte
ich Herr H. gstl. Rat meiner Frau
zu helfen die Kinder auf die richtigen
Wege zu bringen, um mich braucht
Ihr nicht zu trauern. Wie macht
sich der Franzerl u. Mari ferner,
hör ich immer, daß die kl. Anna
hart lernt bitte fragen Sie Herrn
Hochw. Coadjutor oder Hochw.
soll mir ein Brieflein schreiben
wäre selben sehr dankbar.
Sonstiges ist nur innerlich zu
schreiben, da wir strenge Aufträge
haben, aber seid ruhig es wird
alles recht, natürlich wird gar
mancher noch sein Leben laßen
müßen. Heute ist es wieder ge-
froren aber keinen Schnee, bin
gesund u. hoffe zu Ostern bei
Euch sein zu können
Die besten Grüße
Euer ergeb. dankb. Joh. Rambichler
bei 6. Res. San. Komp.
bei 6. Res. Division
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